Hallo zusammen. Hier möchte ich meinen persönlichen Favorit aus dem Heimat- Museum vorstellen. Ein seltenes Steinschlossgewehr aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts.
Gesamtlänge: 1450 mm
Lauflänge:1046 mm, Eisengarnitur, Lauf gestiftet.
Länge Bajonett: 526 mm
Der Zustand ist an sich nicht schlecht, es fehlen leider ein paar Teile, wie auf den Fotos ersichtlich. Das originale Bajonett Ord. 1706 ist ebenfalls vorhanden, in ungekürztem Zustand, was ebenfalls sehr selten ist. Der Mechanismus funktioniert nicht einwandfrei, da die Nuss zu sehr abgeschliffen ist. Daher rastet die Abzugsstange nicht sauber ein. Das liesse sich zwar mit wenig Aufwand beheben, ich belasse es aber im jetzigen Zustand.
Es sind unten am Lauf eine Herstellerpunze und eine (vermutlich) Abnahme- oder Beschusspunze zu erkennen. Am Schloss ist unter der Batteriefeder ebenfalls eine Herstellerpunze ersichtlich. Beide sind mir nicht bekannt, vielleicht weiss hier jemand mehr? Beide Teile sind höchstwahrscheinlich aus Suhl. Das Gewehr wurde nicht vom Zeughaus ausgegeben, da kein entsprechender Stempel vorhanden ist. Vermutlich bei einem einheimischen Büchsenmacher gefertigte Waffe.
Zur Geschichte: Nach dem ersten Villmergerkrieg 1656, den die Berner verloren, machte man sich an die Reorganisation der Miliz. Schon früh erkannte man, durch die Erfahrungen der Offiziere in fremden Diensten, die Überlegenheit des neuen Steinschloss-Systems und der Bajonette. Zunächst wurden Spundbajonette eingeführt, man ging bald zum Bajonett a douille über, da dieses diverse Vorteile bot. Interessanterweise waren in Bern Bajonette vor allem zur Abwehr von Hellebardieren und Pikenieren, anstelle von Kavallerie vorgesehen. Diese spielte in der Schweizer Kriegsführung dieser Zeit praktisch keine Rolle. Die intensive Reformation im Heerwesen trug insofern Früchte, dass man am Vorabend des 2. Villemrgerkrieges schweizweit das mit Abstand modernste Heer ins Feld führen konnte. Während die Innerschweizer noch in Gewalthaufen mit Stangenwaffen anrückten, stellten sich ihnen von bernischer Seite einheitlich ausgerüstete und uniformierte Truppen in mehrreigien Feuerlinien entgegen. Dank diesem modernen Heer konnten die Berner trotz zahlenmässiger Überlegenheit und mit dem Eintreffen von Verstärkungen zur richtigen Zeit, die entscheidende 2. Schlacht bei Villmergen für sich entscheiden. Die Lehren aus diesem Konflikt lassen sich am Modell von 1714 erkennen. Man führte einen Schulterriemen ein, da sich das Gewehr so viel bequemer und sicherer transportieren liess. Das Modell 1714 wurde bis 1760 mehr oder weniger unverändert gebaut, danach von Gewehren mit Bändern abgelöst. Sehr viele Gewehrläufe und Schlösser wurden über die Zeit neu geschäftet und modernisiert, so wie mein Gewehr Ord. 1804. Daher sind originale Gewehre 1714 heute sehr selten.
Wenn mir jemand die Punzen zuordnen könnte, wäre ich froh, dann kann ich das Gewehr recht genau datieren.